55-köpfige Jukebox mit Dirigent begeistert am Galakonzert
55-köpfige Jukebox mit Dirigent begeistert am Galakonzert
Der Musikverein Harmonie Schlieren mimte an seinem Galakonzert eine Jukebox. Nur gegen Einfränkler spielten die Musiker ihre Stücke. Die Idee kam im Publikum gut an.
Sie ist etwa so gross wie ein Kühlschrank, fantasievoll verziert, und spielt genau das, was man sich gerade wünscht. Doch will sie dafür auch gefüttert werden. Die «Jukebox» – zu Deutsch etwas steifer: Musikbox – war vor allem in den 1940-iger und -50-iger Jahren verbreitet. In Amerika war sie einst so populär, dass drei Viertel aller Aufnahmen in ihren voluminösen Bäuchen landeten.
«Jukebox» war nicht von ungefähr auch der Name für das Galakonzert des Musikvereins Harmonie Schlieren. Am Samstag sollte das Publikum im vollbesetzten Salmensaal immer wieder die Wahl haben – dafür aber auch um ihr Kleingeld erleichtert werden. Die «grösste Jukebox der Welt», das 55-köpfige Blasorchester unter Tobias Zwyer, musste immer wieder mit einem Einfränkler zum Spielen angeregt werden.
Von der Oper bis zum Walzer
Zunächst brachte es sich mit «Leichte Kavallerie» aber noch selbst in Trab, ja ging mit scheppernden Bläserklängen in den gestreckten Galopp über. Sehr schwungvoll spielte es diese Ouvertüre, so theatralisch-packend, dass man fast Lust auf die dazugehörige Oper bekommen hätte. Aber ganze Opern enthalten Jukeboxen bekanntlich nicht, und so ging es weiter mit dem nächsten Stück.
Beim Dornröschen Walzer meinte man schon, am Anfang das jähe Erwachen der Prinzessin zu hören. Schlaftrunken-säuselnd geht das Ballett weiter, wobei gerade jene Stimmung ein waches Musizieren der Beteiligten verlangt. Zum Schluss bäumt sich das Orchester noch einmal auf und gipfelt – so wollte man sich das vorstellen – im glühenden Kuss auf die Lippen Auroras.
«Wir bräuchten noch etwas Münz», meldete darauf der Moderator Christof Bühler. «So lange es Batzen drin hat, läufts. Ansonsten läufts halt nicht.» Vielleicht könne der anwesende Stadtpräsident ja etwas von den Steuereinnahmen abzwacken, oder es finde sich ein optimistischer Hornkuhbauer. Das Publikum lachte und reichte einen Einfränkler auf die Bühne. Und siehe da – nachdem der Moderator das Geldstück in die Jukebox gesteckt hatte – es stand tatsächlich ein physisches Exemplar auf der Bühne – klang es weiter.
Theoretisch hätte das Publikum wie bei der echten Jukebox auch die Musik auswählen können. «Nicht weniger als 199 Stücke haben wir», verkündete Bühler. Doch die Sache mit der Auswahl gestaltete sich schwierig. Obschon das Publikum einmal sogar zur SMS-Abstimmung aufgefordert wurde, schien die Jukebox stets ihren Eigenwillen durchzusetzen. Und so hiess es passend von Bühler: «Wir spielen, wenn ihr das Richtige sagt.»
Den Dirigenten einmal schütteln
Ein witziger Höhepunkt bildete «Let me entertain you» von Robbie Williams. Mitten im Stück gefror das ganze Orchester, auf einmal wollte es keinen Wank und keinen Ton mehr machen. Auch das Rütteln an der Jukebox brachte keine Besserung, bis Bühler einen Geistesblitz hatte und stattdessen den Dirigenten schüttelte – worauf das Stück wieder in Fahrt kam.
Das Publikum war von der «grössten Jukebox der Welt» sehr angetan. «Die leichte Kavallerie hat mich richtig mitgerissen», sagte Thomas Luginbühl aus Urdorf, «zudem gefiel mir der bunte Mix des Programms.» Auch Brigitte Annoff aus Schlieren war voll des Lobs: «Es ist einfach immer wieder toll», meinte sie, «vor allem hat mir das Feuer des Dirigenten gefallen.»